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The Lunchbox

Regie: Ritesh Batra
Dreh­buch: Ritesh Batra
Musik: Max Rich­ter
Dar­stel­ler: Irr­fan Khan, Nim­rat Kaur, Nawa­zud­din Sid­di­qui, Den­zil Smith, Bha­ra­ti Ach­re­kar, Nakul Vaid, Yash­vi Puneet Nagar, Lil­le­te Dubey
Län­ge: 104 Min.
Im Kino: 2013
Alter: ab -
Bewer­tung: ★★★★-
For­mat: Ori­gi­nal DVD

 

In der indi­schen Metro­po­le Mum­bay (Bom­bay) exis­tiert ein welt­weit ein­zig­ar­ti­ger Ser­vice: Ange­stell­te, Arbei­ter kön­nen ihren Mit­tags-Lunch (Lunch­box) ent­we­der von einer Dabba­kü­che oder auch von der eige­nen Fami­lie durch ein aus­ge­klü­gel­tes Ver­teil­sys­tem bezie­hen. Die soge­nann­ten Dabba­wal­las («Mit­tag­essen-Zustel­ler») holen die Lunch­bo­xes ab und brin­gen sie auch wie­der an den Ursprungs­ort zurück und das funk­tio­niert ohne Logis­tik-Soft­ware und Com­pu­ter und ohne Feh­ler. Ohne Feh­ler? Nicht ganz, den die Lunch­box von Ila (Nim­rat Kaur) wird eines Tages nicht für ihren Ehe­mann aus­ge­lie­fert, sie lan­det bei einem ziem­lich gries­grä­mi­gen Buch­hal­ter (Irr­fan Khan). Das ist inso­fern tra­gisch, als sie die Lunch­box mit spe­zi­el­len Gerich­ten auf­ge­peppt hat, um die doch ein biss­chen fade Ehe neu zu wür­zen, Lie­be geht halt doch durch den Magen. Ila legt der nächs­ten Lunch­box einen Zet­tel bei und erklärt den Zustel­lungs­feh­ler. Saja­an Fer­nan­des (Buch­hal­ter) schreibt eine Ant­wort auf den Zet­tel und so ent­steht eine ziem­lich selt­sa­me Brief­freund­schaft — ohne das sich die bei­den je gese­hen haben. Wer­den sich die bei­den jemals treffen?

Lunch­box galt lan­ge Zeit als Favo­rit für den indi­schen Bei­trag für die Oskar-Ver­lei­hun­gen, aus­ge­wählt wur­de schliess­lich ein ande­rer Film. Irgend­wie ver­ständ­lich, den die­ser äus­serst ruhi­ge, melan­cho­li­sche, wit­zi­ge, undra­ma­ti­sche Film passt nicht so ganz zu den ame­ri­ka­ni­schen Oskars.
«Manch­mal bringt dich der fal­sche Zug zum rich­ti­gen Bahn­hof» ist ein Zitat und auch gleich­zei­tig das Mot­to des Films. Es sind zwei Geschich­ten, die sich par­al­lel ent­wi­ckeln: die Brief- oder bes­ser Zet­tel-Freund­schaft zwi­schen Ila und Saja­an und die Bezie­hung zwi­schen dem in Pen­si­on gehen­den Saja­an und sei­nem desi­gnier­ten Nach­fol­ger Shaikh (Nawa­zud­din Sid­di­qui). Im Zen­trum steht da natür­lich Irr­fan Khan — im Wes­ten bekannt mit «Slum­dog Mil­lion­aire», «Life of Pi » und «The Names­a­ke» — mit einer glän­zen­den Dar­bie­tung. Ein­zi­ges klei­nes Man­ko: Er wirkt ein biss­chen gar jung für einen Pen­sio­när. Die 31-jäh­ri­ge Nim­rat Kaur ist ziem­lich unbe­kannt und «Lunch­box» ist erst ihr 3. oder 4. Film, die unge­schmink­te Dar­stel­lung einer abso­lut unspek­ta­ku­lä­ren Mit­tel­stands­gross­stadt­in­de­rin (uff…) ist char­mant, sym­pa­thisch. Nawa­zud­din Sid­di­qui («Gangs of Was­seypur») ver­kör­pert einen offe­nen und fröh­li­chen Mann, der aber doch sei­ne Geheim­nis­se und Geschich­ten hat. Fas­zi­nie­rend an Sid­di­qui ist die unglaub­li­che Viel­falt der Rol­len, die er zu spie­len ver­mag (Hai­der, Bil­lu Bar­ber, Names­a­ke, Tal­aash, Kahaa­ni...).

Für Regis­seur Ritesh Batra ist «Lunch­box» der ers­te Spiel­film, sei­ne fast gemäch­li­che Insze­nie­rung erfor­dert ab und zu ein biss­chen Kon­zen­tra­ti­on, wie er aber mit Humor und manch­mal auch mit lei­ser Kri­tik den All­tag in Mum­bay ein­fängt, ist sehr berüh­rend. Bild und Ton wir­ken sehr authen­tisch, zeit­wei­se fast dokumentarisch.