Peepli in der indischen Provinz. Der Bauer Natha (Omkar Das Manikpuri) steckt tief in der Klemme: Sein Land soll zwangsversteigert werden. Aber seine ganze Familie ist von der Ernte abhängig: die drei zerlumpten Kinder, die ewig zeternde Mutter, die nörgelnde Ehefrau, der Bruder Budhia (Raghubir Yadav) und Natha selbst, der am liebsten Löcher in die Luft starrt. Auswegslos scheint die Situation, als er von einem Regierungsprogramm erfährt, nach dem es vom Staat eine Prämie für die Hinterbliebenen gibt, wenn ein Bauer sich umbringt. Natha lässt sich von Budhia davon überzeugen, dass — um die Zukunft der Familie abzusichern — sein Suizid eine gute Sache wäre. Als Budhias Ansinnen öffentlich wird, gerät der Bauer in den Strudel einer Medienhypes: Lokale Wahlen stehen vor der Tür, und hochrangige Politiker sowie Sensationsreporter fallen in Nathas verschlafenes kleines Dorf ein. Was ein Bauernselbstmord unter Tausenden hätte sein können, wird zu einem Skandal, von dem jeder profitieren will.
Es ist eine bittere Bilanz: Mehr als 200 000 indische Bauern begingen in den letzten zehn Jahren Selbstmord. Das sind die offiziellen Zahlen der indischen Statistik, die Dunkelziffer dürfte bei rund 600 Millionen Landarbeitern weit höher liegen. Ausbleibende Ernten, hohe Schulden und ein Leben weit unter der Armutsgrenze sind die Hauptgründe für die hohe Selbstmordrate. Mit diesem Phänomen befasst sich Anusha Rizvis Début-Spielfilm «Live aus Peepli». Dabei kriegen sie alle ihr Fett weg: die korrupten Bürokraten, die für Natha nur Spott und besagten Tip zum Selbstmord übrig haben; die Politiker, die mit der Selbstmordankündigung ihren Wahlkampf effektvoller zu gestalten trachten; und das Fernsehen, das im Nullkommanichts ein ganzes Dorf mit Übertragungswagen belagert. Kameramänner verfolgen auf der Suche nach dem perfekten Betroffenheitsbild die armen Bauern noch bis ins stille Örtchen, und bildschöne Nachrichtenmoderatorinnen zerren jeden Dorfbewohner, der sich nicht schnell genug in Sicherheit bringen kann, in ihre Sendung.
«Live aus Peepli» wurde damit selbst zu Medienphänomen und erhielt 2012 eine Nomination für den Oscar als Bester fremdsprachiger Film
© Schweizer Fernsehen